Auf der Rückseite des Platzes öffnet sich ein kleiner Weg zur Friedrich-Ebert-Str., am unteren Ende der rechts liegenden Straße Am Stein gibt es das nächste Schild zu bestaunen.

    8 | Das Unnerdorf

    Tafel 8 | zu finden am Jahnplatz 1, direkt am Brunnen

    Entstehung

    Ursprünglich stellte der kirchnahe Dorfkern den hauptsächlichen Siedlungsbereich Heiligenrodes dar. Außer ein paar Aussiedlerhöfen entlang der Straßen in Richtung Kassel, Uschlag oder auch Kaufungen gab es keine besonderen Siedlungsbestrebungen. Doch mit einer steigenden Bevölkerung stieg auch der Bedarf nach Wohnraum. Ab dem frühen 20. Jahrhundert strebten die ansässigen Familien daher mehr in Richtung Westen und besiedelten die Felder entlang der heutigen Jahnstraße. Bis zum Jahr 1928 hieß die viel genutzte Wiesenfläche noch Grüner Platz. Anlässlich des 150. Geburtstags von "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn (1928) änderte sich der Name jedoch zu Jahnplatz. Langsam bildete sich das Unterdorf (auf Platt Unnerdorf) als Erweiterung des Dorfkerns.

    Der "Grüne Platz" in der Nachkriegszeit (50er Jahre), im Hintergrund die beiden Gemeindehäuser.
    Der Jahnplatz in der Nachkriegszeit (1950er Jahre), im Hintegrund die beiden Häuser der Gemeinde.
    @Gemeinde Niestetal

    Weitere Geschichte

    Die ältesten noch erhaltenen Häuser um den Platz herum gehören den Familien Witz (1919), Müller (1927), Althans (1928) oder auch Schumann (1922). Bei Luftangriffen im zweiten Weltkrieg wurden auch um den Jahnplatz herum einige Gebäude von Bomben getroffen, sie mussten wiedererrichtet werden. Im Anschluss betrieben die Amerikaner bis ca. 1947 einen kleinen Militärstützpunkt auf dem Platz. Ausgangspunkt für diese Entscheidung waren Gefechte zwischen den US-Soldaten und der sich nach Uschlag absetzenden Wehrmacht am 05.04.1945. Mit der Zivilbevölkerung gab es jedoch keine Probleme und die Soldaten verschenkten sogar Schokolade und andere Kleinigkeiten an neugierige Kinder. 

    Der Jahnplatz wird zum Spielplatz.Der Jahnplatz wird zum Spielplatz, im Hintergrund kommen neue Häuser hinzu. 
    @Gemeinde Niestetal

    Mit der Zeit verknüpfte sich das neue Wohngebiet entlang der Jahnstraße schließlich mit der Dorfstraße oder über den Schmalen Weg, der früher noch Schwarzer Weg hieß, mit der Breiten Straße. Im südlichen Bereich und weiter nach Westen schloss sich Brach- und Ackerland an. Auf der Westseite wurde 1954 ein Wohnhaus der Gemeinde errichtet, das Platz für sechs Familien bot. Im Norden schloss sich ein kleiner Supermarkt an (Konsum). 


    In den 60er Jahren wurde der Platz schließlich zu einem Spielplatz mit Sandkästen und Spielgeräten umgewandelt. Die Volksfeste der 1970er und 80er Jahre, wie das Brunnenfest, bestachen mit Karussells, Schießbuden, Schiffsschaukeln und viel Schnugge (Süßigkeiten) für die Besucherinnen und Besucher.

    Sport

    Am Anfang wurde der Platz für vielfältige Tätigkeiten genutzt, unter anderem für den Schul- und Vereinssport. Die Schule in der Kasseler Straße nutzte den Platz seit 1910, wenn der geschotterte Schulhof nicht mehr ausreichte. Denn hier konnten auch athletische Disziplinen ausgeübt werden, da eine Sprunggrube auf dem Platz angelegt wurde (ähnlich wie später am alten Sportplatz oder dem Stadion am Park). Aber auch die Läufer der Vereine konnten hier den 100m, 400m und Staffellauf trainieren. Die dafür genutzte Jahnstraße war damals noch mit Splitt und Schotter ausgebaut, was schon eine Steigerung zu den meist matschigen Feldwegen darstellte. Die Startmarke bildete das Transformations- / Lichthäuschen an der Ecke zur Raiffeisenstraße und den Zieleinlauf bildete der Beginn des "Grünen Platzes". In den 1960er Jahren trafen sich jeden Dienstag gegen 17.00 Uhr die Jugendlichen des so genannten „Unterdorfs“ zum Bolzen und Kicken auf dem Platz. Seit den 1970er Jahren gab es zudem zahlreiche Veranstaltungen mit Konzerten zu Ehren Jahns. 

    Die Tischtennis-Kirmes 1982 in der unteren Dorfstraße.
    Die Tischtennis-Kirmes 1982 in der unteren Dorfstraße. Der Umzug startete am Festplatz (heutige AWO Begegnungsstätte) und verlief über die Karl-Marx-Str., Jahnstraße, Drofstraße, Dorfplatz, Witzenhäuser und Kasseler Straße.
    @Gemeinde Niestetal

    Dreschplatz

    Der Grüne Platz bildete sich wohl hauptsächlich aus der Nutzung als Dreschplatz heraus. Im 19. Jahrhundert soll der Kesselschmied Rieger eine dampfbetriebene Dreschmaschine besessen haben, die er während den Sommermonaten zur Verfügung stellte. Im Winter zog er mit seiner mobilen Holzsäge umher und bot den Leuten seine Dienste im Brennholz schneiden an. Während der Inflation, im Anschluss an den 1. Weltkrieg, verlor das Geld rasant an Wert. Auch das Dreschen wurde bald nur noch mit Naturalien beglichen. Da der Dachboden der Familie Rieger von zu viel Getreide (Bezahlmittel) zu brechen drohte, musste ein Stützpfeiler eingebaut werden. Das Getreide wurde zu einem passendem Zeitpunkt verkauft und reichte für mehrere Bauplätze der Familie Rieger, die vortan in großen Teilen der Schulstraße am Kesperplatz lebten.

    Die alte Sägemaschine aus 1958, zu finden bei Herrn Driehorst.Eine der alten Sägemaschinen war während der 900-Jahrfeier Heiligenrodes in der Dorfstraße ausgestellt. Auf der Sägefläche war die Geschichte der Säge beschrieben, die 1958 von der Maschinenfabrik Rohde gebaut wurde.

    @Gemeinde Niestetal

    In der Zeit des Nationalsozialismus waren die bisherigen Dreschmaschinen-Besitzer nicht weiter in der Lage neue Geräte zu beschaffen. Daher sprang die Raiffeisenkasse ein, die eine Maschine kaufte, die über einen Riemen (Transmissions-Riemen) von einem Trecker angetrieben wurde. Später folgten noch zwei elektrisch betriebene Dreschmaschinen. Die Traditionsbäckerei Klemme (heute Bäcker Becker) lag direkt um die Ecke und die beladenen Wagen stauten sich des Öfteren vom Dreschplatz bis zur Backstube. Gedroschen wurde mitunter bis tief in die Nacht. Für die kleinen Kinder war es ein großartiges Erlebnis, wenn sie von einem der dicht abgestellten Wagen zum Nächsten springen konnten, sicherlich sehr zum Unmut der Besitzer. Mit dem Aufkommen des Mähdreschers wurden die Dreschmaschinen überflüssig und wurden verschrottet. Aber auch sonst wurde der Platz rege genutzt. So schickte der Landwirt Rettig aus der Walter-Rathenau-Straße regelmäßig seine Gänse auf die grüne Wiese. Das Kuriose daran, die Gänse gingen selbstständig auf den Platz und kehrten abends ohne fremde Hilfe wieder in den Stall zurück. 

    Herr Knipp bringt seinen Ziegen Grünfutter. Im Hintergrund das Haus in der Jahnstraße 20.
    Herr Knipp holt Grünfutter für seine Ziegen am Jahnplatz, im Hintergrund das Haus in der Jahnstraße 20.
    @Gemeinde Niestetal

    N' Anekdötchen

    1916 steht im Zeichen eines technischen Meilensteins, der sogar das Internet in den Schatten stellt – Heiligenrode bekam Strom und elektrisches Licht. Vorher wurde lediglich mit Feuer und Petroleum beleuchtet und die ersten Straßenlaternen wurden erst um 1900 errichtet. Der letzte Nachtwächter des Dorfes, Herr Born, war immer auf den schummrigen Straßen unterwegs und schaute mit seinem Hund von 22.00 Uhr bis 4.00 Uhr nach dem Rechten im Dorf. Zu jeder vollen Stunde rief er: “Hört, ihr Leut, und lasst euch sagen, die Uhr hat zehn geschlagen, bewahrt das Feuer und das Licht, dass uns kein Schaden geschi‘ht!“ 

    ► Der weitere Weg führt Sie um den Jahnplatz herum. Nutzen Sie den Fußweg neben der Hausnummer 7. Am Ende treffen Sie auf die Friedrich-Ebert-Straße. Rechtsseitig kreuzt die Straße "Am Stein". Folgen Sie ihr dann hinab bis zur Kreuzung Cornelius-Gellert-Straße. Direkt am Umbachsgraben befinden Sie sich an einem der möglichen Standorte für das verschwundene Dorf Umbach (Mehr dazu auf Tafel 11).

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